Bereits bevor sich die Archäologie als Wissenschaft entwickelte, fanden die Menschen immer wieder Hinterlassenschaften früherer Kulturen im Boden. Da ihnen wissenschaftliche Erklärungen für die Herkunft dieser Objekte unbekannt waren, entwickelten sie abergläubische Vorstellungen. Steinbeile aus der Jungsteinzeit hielten für die Spitzen von Blitzen, die vom Himmel geschleudert wurden. Daher nannten sie diese Steine Donnerkeile. Auch die versteinerten Skelette von Kopffüßern (Belemniten) wurden so bezeichnet.
Donnerkeile galten als Schutz gegen Blitze, deshalb hängte man sie unter dem Dach der Häuser auf oder vergrub sie unter der Türschwelle. Donnerkeile wurden auch als Amulette verwendet. So erhielt Kaiser Heinrich IV. im Jahr 1081 neben anderen kostbaren Geschenken einen in Gold gefassten Donnerkeil. Pulverisiert als Medizin eingenommen, sollten Donnerkeile z.B. gegen Gelbsucht, Epilepsie oder Krämpfe helfen.
Auch mit anderen Hinterlassenschaften der Vorfahren verbanden die Menschen allerhand Aberglauben. Großsteingräber, die sogenannten Hünengräber, hielten sie für das Werk von Riesen. Urnen aus Begräbnissen früherer Kulturen waren angeblich im Boden gewachsen oder stammten von Zwergen. Abergläubische Vorstellungen über Donnerkeile und andere Objekte waren bis weit in die Neuzeit verbreitet.
Die frühesten wissenschaftlichen Annahmen über die sogenannten Donnerkeile waren auch nicht ganz korrekt, aber zumindest wurde klar erkannt, dass es sich um von Menschenhand hergestellte Beile oder Äxte handelte. So schreibt der katholische Theologe und Vertreter der Aufklärung Ferdinand Sterzinger in seinem Werk Bemühung den Aberglaube zu stürzen (1785) auf S. 103 über Donnerkeile:
Allein, die sogenannten Donnerkeile […] sind nichts anders, als Kieselsteine, Schwefelkies, oder Lasursteine, die glatt sind, und meistens in der Mitte ein Loch haben. Es ist bey den heutigen Naturkündigern eine ausgemachte Sache, daß diese Steine Streitäxten oder auch Opfermesser unsrer Alten waren, und ihre zugeschliffene Gestalt zeiget ganz klar, daß sie durch Menschenhände bearbeitet worden.
Dabei ging Sterzinger offensichtlich von Klischees über die barbarischen Menschen der Vorzeit aus. Damals wusste man es eben noch nicht besser. Tatsächlich dienten Steinbeile in der Jungsteinzeit nicht nur als Waffen, sondern auch als Werkzeuge. Damit fällte man z.B. Bäume und bearbeitete Holz. Steinbeile wurden den Menschen aber auch als Prestigeobjekte ins Grab mitgegeben.
Literaturhinweise:
- Claßen, Erich/Doppler, Thomas/Ramminger, Britta (Hrsg.): Familie – Verwandtschaft – Sozialstrukturen: Sozialarchäologische Forschungen zu neolithischen Befunden. Kerpen-Loogh 2010.
- Eggers, Hans Jürgen: Einführung in die Vorgeschichte. 4. Aufl. Berlin 2010. *
- Sterzinger, Ferdinand: Bemühung den Aberglaube zu stürzen. München 1785.
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